Die treuen Leser meines Blogs bzw.
meiner Social-Media-Kanäle werden sich jetzt vielleicht wundern: Reise
in die Kornkammer Italiens? Ist das nicht schon Wochen her? Ja, ihr habt
leider Recht, und das Schlimme daran ist, dass diese Reise für mich das
Unglaublichste und Schönste war, das ich durch meinen Blog bisher
erlebt habe. Ich hätte also bereits am nächsten Tag darüber berichten
sollen. Aber das große Problem war, dass ich einfach nicht wusste, wie
ich dieses wahnsinnig schöne Erlebnis in die richtigen Worte fassen
sollte. Ich wollte, dass dieser Bericht der Reise auch gerecht wird und
das war, ist und wird einfach unglaublich schwer. Aber heute muss ich es
endlich versuchen, hilft ja alles nichts.
Die
Kornkammer Italiens, tja, wo liegt die überhaupt? Nein, definitiv nicht
in der Toskana. Denn viele mögen es kaum glauben, aber es gibt noch
jede Menge andere Regionen außer der Toskana in diesem wunderschönen
Land namens Italien. Eine davon sind die Marken.
Zu Unrecht haben viele Deutsche die Marken nicht als Urlaubsregion auf
dem Schirm. Dabei bieten sie so viel. Man kann sich entweder in die
Fluten des Mittelmeeres stürzen oder in seine Wanderschuhe schlüpfen,
die Hügel und Berge besteigen und die atemberaubende Landschaft
genießen. Denn mein Herz haben die Marken durch ihre wilde Art erobert.
Man kann sich wirklich nicht satt sehen an dieser wilden Vegetation und
der abwechslungsreichen Landschaft. Auf abenteuerlichen Hängen
erstrecken sich zwischen großen Felsen, Zypressen und Olivenbäumchen
weite Getreidefelder. Zwischen diesen ganzen Getreidefeldern hüfen dann
noch Ziegen und Schafe umher, ab und zu sichtet man urige Bauernhöfe und
über allem ein strahlend blauer Himmel.
Eines
der Highlights sind aber die auf kleinen Bergen thronenden
mittelalterlichen Städte mit ihren engen Gässchen und kleinen
Innenhöfen, in denen man die Seele baumeln lassen kann und jeden Stress
und jede Hektik dieser modernen Welt vergisst. Es ist alles so
fantastisch ursprünglich und natürlich. Einfach nur schön. Hach, jetzt
wo ich so intensiv an die Zeit zurückdenke, bekomm ich direkt wieder
Fernweh. Aber nein, ich muss frierend im kalten Deutschland sitzen. Naja
dann schwelge ich jetzt weiter in Erinnerungen...
Die
Schönheit der Marken und die Liebe brachten vor mehr als 20 Jahren auch
Frauke Weissang aus dem Norden Deutschlands nach Mittelitalien. Dort
kaufte sie sich ein kleines Paradies mit 20 ha inklusive einem kleinen
Landgut. Die Powerfrau sanierte das Gebäude, taufte es auf "Le Cesane", richtete mehrere Ferienwohnungen
ein und bereitete das Land für den Bio-Anbau vor. Tschaka! Mittlerweile
baut Frauke Getreide, Hülsenfrüchte und Saaten an und lebt in der
italienischen Idylle mit ihren geliebten Eseln, Pferden und Katzen. Ich
beneide sie ein bisschen und wäre am Liebsten für immer an diesem
wunderschönen Ort geblieben. Ein Traum von Haus, eine gigantische
Aussicht und eine absolute Stille. Wie gesagt, es ist das reinste
Paradies - ihr solltet ernsthaft überlegen, ob ihr euren nächsten Urlaub
vielleicht bei Frauke verbringen könnt.
Das Großartige an dieser Frau ist, dass sie uns alle sofort in den Bann
zog durch ihre erfrischende und lebendige Art. Sie ist Mitglied der Kooperative "Terra Bio"
- das eigentliche Anliegen unserer Reise. Wir wollten diese Kooperative
und dessen Bio-Produkte näher kennen lernen und Frauke nahm sich dieser
Aufgabe an. "Terra Bio" gehört zur Genossenschaft "Con Marche Bio",
welche versucht den biologischen Landbau in den Marken zu fördern. Zur
Kooperative "Terra Bio" gehören mehrere Landwirtschaftsbetriebe, die
sich zusammengeschlossen haben, um die Erzeugung, Produktion, Lagerung,
Vertrieb und Vermarktung der Erzeugnisse an einem Ort zu bündeln und zu
koordinieren. Zu den Produkten zählen Bio-Hülsenfrüchte wie Berglinsen,
grüne Linsen, Bohnen, Kichererbsen, außerdem Bio-Getreide wie Goldhirse,
Dinkel, Couscous und Sonnenblumenkerne. Außerdem werden einige der
Rohstoffe mit traditionellen Bronzegussformen zu Pasta
weiterverarbeitet. Somit muss nicht wie bei anderen Pasta-Herstellern
Hartweizen aus Osteuropa oder den USA importiert werden, sondern es
kommt alles aus einer Hand. Die Pasta wird anders als in der
industriellen Herstellung langsam und schonenden 24-36 Stunden bei ca.
45°C getrocknet. So entstehen Bio-Hartweizennudeln, Bio-Eiernudeln und
Bio-Halbvolkornnudeln mit rauer Oberfläche, an der Sauce besonders gut
haftet.
Das Beeindruckendste war für
mich die vollkommene Transparenz vom Saatgut bis zum Endprodukt. Wir
schauten uns die Pflanzen auf dem Feld an; erhielten einen Einblick in
die Anlieferung, bei welcher direkt die Qualität geprüft wird und eine
Probe archiviert wird, damit jeder Zeit jedes Produkt bis zum Bauer
zurückverfolgt werden kann; staunten über die riesigen Lagerhallen und
die Reinigungs-, Sortierungs- und Trocknungssanlagen und begutachteten
zum Schluß noch die Verpackungs- und Etikettierungsanlagen. Alles an
einem einzigen Ort. Einfach absoluter Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass
hinter all dem "nur" kleine Bauern stehen. Jeder Verarbeitungsschritt
wird laufend kontrolliert und registriert. Vorbildlich vom Anfang bis
zum Ende. Die Produkte sind nach den strengen Naturland Fair Richtlinien zertifiziert, sprich es sind Bio-Produkte mit fairen Preisen, hergestellt mit fairen Arbeitsbedingungen.
Kichererbsen |
In Deutschland gibt es die Bio-Produkte von "Terra Bio"
leider noch nicht in jedem Supermarkt, aber theoretisch haben zum
Beispiel Rewe, Edeka, Karstadt, Kaufhof und verschiedene Bio-Läden die
Produkte im Sortiment. Zur Not müsst ihr einfach einmal nachfragen und
die Produkte anfordern. Denn ihr werdet sehen, geschmacklich lohnt es
sich auf jeden Fall! Ich spreche da aus Erfahrung. In zwei
Spitzenrestaurants - Agriturismo Ca’ Andreana und Agriturismo Il Mulino della Ricavata
- konnten wir uns von der Qualität der Produkte überzeugen. So
unglaublich viel Essen wurde uns aufgetischt, denn damit wären wir beim
einzigen Nachteil dieser Reise - wir konnten nicht so viel essen, wie
wir gerne wollten. Denn die Marken sind nicht nur landschaftlich ein
Paradies, nein auch kulinarisch ein Paradies!
Danke für dieses unglaubliche Erlebnis, die großartige Organisation und die tollen Mitreisenden.
Ich
habe immer noch das Gefühl, dass ich mit diesem Bericht dieser Reise
nicht gerecht werde. Ihr kennt das sicher, wenn ihr euren Freunden vom
letzten Urlaub berichtet, man schafft es nie, dass die Freunde die
gleichen Bilder vor Augen haben, wie man selbst. Ich glaube, es hilft
alles nichts, ihr müsst selbst in die Marken aufbrechen oder wenigstens
leckere Antipasti und Pasta zubereiten und euch so nach Italien träumen.
Ein passendes Rezept für Bulgursalat hat Franziska übrigens direkt nach der Reise auf ihrem Blog
veröffentlicht und in den nächsten Tagen werde ich mich an einem anderem
kulinarischem Highlight, dem Dinkelrisotto, versuchen. Seid gespannt!
PS.: Alle Bilder ohne Wasserzeichen stammen von Thomas Neumann, Terra Bio.